Mit einem Sack voller Äpfel fuhr ich nun Mittwoch früh in die Tagespflege.
Endlich mal wieder Tassenkuchen backen mit den Gästen.
Und tatsächlich wollten alle 12 Gäste dabei sein* und mithelfen, oder zumindest naschen von den geheimnisvollen Feldäpfeln.
Also legte ich alles Nötige griffbereit auf den Wagen. Die Äpfel stellte ich ansehnlich auf den Tisch, so dass selbst die an Demenz erkrankten Gäste schon mal ahnen konnten um was es heute geht.
So erzählten wir Anfangs von "wer hat oder hatte alles einen Apfelbaum in seinem Garten?" bis "was kann ich denn alles machen mit so vielen geernteten Äpfeln?".
Es ist wunderbar und manchmal auch ein wenig magisch, wenn Gäste ihre schönen Erinnerungen an damals mit der Runde teilen. Wie z.B. jede Stube einen Kachelofen hatte und dort im Winter stundenlang die Bratäpfel in dem Extrafach langsam vor sich hin schmorten. Oder es wurden Apfelringe zum trocken im gesamten Haus aufgehängt und zur Weihnachtszeit vernascht.
Als uns so langsam die Ideen über die Verarbeitungsmöglichkeiten ausgingen, meldete sich Frau T. vom Sessel* zu Wort. Sie trat hervor und begann erst etwas zögerlich "In meinem kleinen Apfel" vorzutragen. Nach und nach schlossen sich immer mehr Gäste an. In der Gemeinschaft schien der Text mit einmal viel sicherer und deutlicher. Am Ende war klar: "Wenn wir das hinbekommen haben, dann können wir das auch singen". Genauso war es auch. Es war einfach toll, weil singen gute Laune macht und den letzten Schüchternen auflockert.
Nun war endlich der Moment gekommen zu fragen ob denn noch jemand weiß was alles in einen Tassenkuchen kommt. Und dann kam es auch schon aus allen Ecken... " Mehl, 3 Tassen Mehl, 1 Tasse Mineralwasser, Prise Salz, nur eine Tasse Zucker und und und ..." Es war alles noch da obwohl der letzte Tassenkuchen ( zumindest mit mir ) schon eine Weile her ist.
Das Zusammenmischen der Zutaten ließ nicht lange auf sich warten. Interessant ist immer wieder, welche Gespräche daraus entstehen. "Also wir haben das damals immer so gemacht." oder "Die Prise Salz darf auf gar keinen Fall fehlen. Sonst schmeckt das nicht!"
Die einen mischten den Teig. Die anderen machten sich ans schälen und achteln der Äpfel. Natürlich musste auch genascht werden um herauszufinden ob der Feldapfel überhaupt Tassenkuchen-tauglich ist. Das war er!
Mittlerweile war der Teig fertig und auch schon auf dem mit Backpapier ausgelegten Blech verteilt. Nun mussten nur noch die vielen Apfelstücken einen Platz finden. Das was übrig blieb wurde einfach vernascht.
Am Nachmittag eilte ich nach einem Termin in die Tagespflege zu Kaffee & Kuchen. Ich war spät dran. Einerseits wollte ich natürlich die Reaktionen nach dem ersten Abbeißen sehen und natürlich das perfekte Foto schießen von dem perfekten Apfelblechkuchen nach alt bewehrtem Tassenkuchen-Rezept.
Was soll ich sagen ? Ich kam rein. Alle Teller leer. Alle saßen zufrieden da und plauderten. Als Frau S. mich bemerkte, sagte sie: "Antje, der Kuchen war ein Traum und wir haben alles aufgegessen." Nach kurzer Zeit grinste sie. "Scherz. Da sind noch zwei kleine Stückchen für Sie in der Küche."
Und Frau S. hatte recht: Ein Traum!
1.* Die Tagespflege "Ruhe am Wald" verfügt über 2 Seiten. Quasi eine Tagespflege in blau spiegelverkehrt nochmal in grün. Das hat viele Vorteile, wie z.B. wenn einem Gast ein Thema zur Beschäftigung nicht zusagt kann er auf der anderen Seite schauen ob ihm das Thema dort zusagt. Oder wenn er mal andere Leute treffen möchte.
2.* wenn ein Gast mal keine Lust hat direkt in der Runde zu sitzen und lieber passiv teilnimmt vom Sessel nebenan so ist das im Sinne von "selbstbestimmt" völlig in Ordnung.
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