Lesedauer: ca. 10 Min.
Laut "Kleiner-Kalender.de" ist Ziel des weltweiten Aktionstags die Bedeutung fachgerechter Nothilfe bei Unfällen und Katastrophen im öffentlichen Bewusstsein zu verankern.
Wahrscheinlich hört man daher in den letzten Tagen vermehrt im Radio, dass die Politik sich thematisch verstärkt mit einer besseren Zukunft unserer Rettungskräfte auseinandersetzen will.
Mittlerweise ist dort ein Bewusstsein erwacht, dass unsere Gesellschaft zunehmend an Rettungskräfte - Mangel leidet.
Schlechte Arbeitsbedingungen und unangemessene Bezahlung lassen den Beruf wenig attraktiv erscheinen. So kritisierte Verdi schon vor Jahren, dass die Rettungskräfte körperlich meist am Limit sind und in einer 12 h Schicht oftmals keine Möglichkeit zur Pause hätten.
Ich meine, die meisten von uns gehen zur Arbeit und wissen was sie dort in der Regel in etwa erwartet. Bei Rettungssanitätern ist jeder Tag anders. Sie gehen zur Arbeit und wissen nicht was heute wieder los ist. Ob 100 kg Personen aus der 5. Etage runterschleppen, ob Massenkarambolage auf der Autobahn und in Sekunden entscheiden müssen wer welche Hilfe am dringendstem benötigt und sich selbst dabei oftmals ungeschützt in Gefahr begeben. Ich könnte das nicht.
Diese Umstände tragen sicher nicht dazu bei für unseren Nachwuchs Rettungssanitäter oder Feuerwehrmann zu werden. Was logischerweise Folgen hat.
Personalmangel seit Jahren führt zu...
...Überlastung der Rettungskräfte
...Burnout und anderen Krankheiten
...Langzeiterkrankte oder Aussteiger !
und kaum Nachwuchs in Sicht.
(in der Pflege sieht es übrigens nicht anders aus)
Was dann ??? Was, wenn ein dir nahestehender Mensch über starke Brustschmerzen klagt, nach Luft ringt und alles nach einem Herzinfarkt aussieht? Du rufst 112 an und dann heißt es... "Alle noch verfügbaren Rettungskräfte sind bereits im Einsatz! Ich schreib Sie auf die Warteliste."
Ich weiß, dass hört sich makaber an. Aber wer kann denn bitte schön ausschließen, dass die Zukunft nicht so aussehen könnte?
Sicher wird die Politik noch ein paar Jahre darüber debattieren bis es dann mal 35 € mehr im Monat gibt und die Feststellung: "Wir brauchen mehr Rettungskräfte!"
Ganz ehrlich ? Kann sich jeder denken. Oder ?
Was können wir Bürger für unsere Rettungskräfte Gutes tun ?
3 Dinge fallen mir auf Anhieb ein:
1. Nicht wegen jeden Pups anrufen. Eingerissenen Nagel, Schnittwunde oder so was in der Art hat es alles schon gegeben. Im Zweifel den Hausarzt anrufen und nachfragen oder außerhalb der Öffnungszeiten 116117 (Bereitschaftsarzt).
2. Einfach mal nett sein und die Rettungskräfte machen lassen.
Man hört immer wieder in den Medien, dass Rettungskräfte und Feuerwehrmänner beleidigt oder sogar angegriffen werden.
Was ist los mit den Leuten ? Würden diese genauso reagieren, wenn das eigene Kind oder ein anderer wichtiger Mensch in Lebensgefahr schwebt? Würden sie die Rettungssanitäter auch so angehen, nur weil sie den Rettungswagen nicht ordnungsgemäß eingeparkt haben?
Kürzlich hatte ich privat einen Notfall, wo Rettungskräfte anrücken mussten, die dann natürlich vorm Grundstück das Fahrzeug abstellten. Mein Sohn erzählte mir dann ganz schockiert, dass der nette Rettungssanitäter von einem Autofahrer angemeckert wurde, warum er die Karre mitten im Weg abstellen muss. Der Sanitäter sagte ganz gelassen: "War nicht das 1. Mal heute." während ich auf 180 war. Gut, dass ich nicht gerade draußen stand.
Sollte der Herr das jetzt lesen: "Lieber Autofahrer von neulich, erstens mal haben Sie ja offenbar doch noch durchgepasst oder einen anderen Weg gefunden. Und zweitens: Es hätte Ihr Kind sein können, was gerade Hilfe braucht! Und falls Sie keine Kinder haben vielleicht brauchen Sie ja mal Hilfe!!!! MfG"
3. Damit die Rettungskräfte schnell an den Einsatzort gelangen rechtzeitig Platz machen und wenn schon naheliegend, dass da ein Unfall passiert ist - eine Rettungsgasse bilden (vorher).
Hab ich was vergessen ? Das Klatschen am offenen Fenster jetzt mal außen vor. Das ist ganz nett, aber ob wir klatschen oder nicht. Was bringt das schon?
Mein allergrößter Respekt gilt den Rettungskräften, die Tag ein Tag aus ihr Leben riskieren um andere Leben zu retten.
Ich hoffe, dass sich da ganz bald etwas tut - nicht nur da oben.
Weiter heißt es im kleinen Kalender:
Unter erster Hilfe versteht man von jedermann durchzuführende Maßnahmen, um menschliches Leben zu retten, bedrohende Gefahren oder Gesundheitsstörungen bis zum Eintreffen professioneller Hilfe abzuwenden oder zu mildern. Dazu gehören insbesondere das Absetzen eines Notrufs, die Absicherung der Unfallstelle und die Betreuung der Verletzten.
In dem Zusammenhang ist mir gerade noch ein 4. Punkt eingefallen.
4. Selbsthilfefähigkeit der Bürger wieder stärken.
Offenbar scheinen wir in medizinischer Sicht schnell überfordert zu sein.
Angefangen bei kleineren Wehwehchen... früher mussten sich die Menschen mit Oma´s Hausapotheke zu helfen wissen. Heute geht´s für viele direkt ab zum Arzt.
... bis hin zum Ernstfall, wo echt Erste Hilfe und zwar durch den Ersthelfer geleistet werden muss bis die Rettungskräfte vor Ort sind.
Und jetzt mal ehrlich.
Hast Du dir schon mal die Frage gestellt: "Was wenn ich die oder der Erste am Unfallort bin?" Der Gedanke bereitet tatsächlich vielen Menschen Bauchschmerzen.
Nicht umsonst kommt es nicht selten vor, dass z.B. ein lebloser Mensch auf dem Bürgersteig liegt und die ersten 10 Leute daran vorbei laufen.
Klar ist naheliegend, der oder die Person könnte ordentlich einen gepichelt haben. Wer weiß das schon im vorbei gehen ? Und selbst wenn, gibt es uns das Recht ihn oder sie dort so liegen zu lassen? Sie oder er könnte im Winter erfrieren oder am eigenen Erbrochenen ersticken. Schließlich könnte jeder von uns in eine solche Situation kommen. Verschuldet oder unverschuldet.
Ein paar denken vielleicht: "was geht´s mich an ?" Es könnte dir genauso ergehen. Oder deinem Kind. Und dann wäre es auch ok wenn alle vorbei laufen?
Und dann gibt es noch die, die kein Auge für ihr Umfeld haben und womöglich noch drüber stolpern, weil der Blick stetig aufs Handy gerichtet ist.
Ganz viele sind sich wahrscheinlich unsicher und wissen nicht was sie tun sollen. Schließlich liegt der letzte und oftmals einzige 1. Hilfe Kurs schon 30 Jahre und mehr zurück. Klar, da kann man schon mal Sorge haben etwas Falsches zu tun und am Ende noch auf Schadensersatz verklagt zu werden. Keine Sorge. Der Gesetzgeber hat dafür gesorgt, dass man eben nicht wegen einer zerschnittenen Bluse oder einer gebrochenen Rippe verklagt werden kann. Schließlich hat man ja das Leben eines Menschen gerettet.
Abgesehen davon ist jeder von uns verpflichtet zu helfen (Außer in besonderen Fällen - dennoch sollte es möglich sein, selbst wenn ich meine Kinder im Auto sitzen habe, einen Notruf abzusetzen und Mitmenschen aufmerksam zu machen. Dann wissen unseren Kleinen gleich mal wie das abläuft.).
Gehörst Du zu den Unsicheren, deren 1. Hilfe Kurs schon längere Zeit zurück liegt?
Abgesehen davon, dass man sich heute überall zum Teil umsonst Wissen (ob im Netz, Zeitung oder Buch) aneignen kann...
Angenommen es gäbe die Möglichkeit, für jeden interessierten Bürger, alle paar Jahre die erste Hilfe aufzufrischen...
Wärst Du dabei ? Dein Wissen auffrischen und somit deine Unsicherheit überwinden ?
Für die betrieblich vorgesehenen Ersthelfer, Mitarbeiter der Pflege und des sozialen Sektors ist eine Auffrischung verpflichtend, alle zwei Jahre. Und das ist auch gut so.
Nur... ob mal man will oder nicht, im Ernstfall kann Jeder auf einmal zum Ersthelfer werden.
Und noch etwas ist mir durch den Kopf gegangen.
Wäre es nicht sinnvoll zumindest 1 x im Jahr in Grundschulen und erst recht an Oberschulen eine Art Projekttag/e einzuführen zum Thema 1. Hilfe (mit Rettungswagen, Sanitätern und allem was dazu gehört) ? So könnte bei unseren Kindern schon in jungen Jahren eine Achtsamkeit der 1. Hilfe gegenüber und ein Bewusstsein, im Ernstfall selbstverständlich zu handeln, geschaffen werden.
Klar kann sich jeder selbst schlau machen, wenn er will. Doch wer macht das schon?
Was ist eigentlich mit denen...
...die keinen Führerschein gemacht haben,
...nicht in pflegerischen oder sozialen Bereich tätig sind
...und auch nicht zum Ersthelfer im Betrieb ernannt wurden ?
Diejenigen haben womöglich noch nie an der Erste-Hilfe-Puppe Mund-zu-Mund-Beatmung oder Herzdruckmassage üben können oder durften noch nicht an anderen die stabile Seitenlage üben und und und.
Und auch diejenigen sind am Ende verpflichtet 1. Hilfe zu leisten.
Schreibt mir gern ein paar Zeilen dazu. Sonnige Grüße Antje
Kommentar schreiben